Der Zauber Kretas liegt im Widerspruch …“ steht im Reiseführer, der vor mir liegt. „Klingt interessant!“, denke ich mir. Gedacht, geplant, getan: Also die Sachen gepackt, ab zum Flughafen und los geht´s gen Süden.
Langsam, langsam
Als vom Septemberwetter kältegeschädigte Österreicher landen wir bald darauf in Heraklion bei +35 °C! Der erste Gedanke: „Ab zum Strand und Sonne tanken!“ Auf der Fahrt zum Hotel und später am Strand halten wir Ausschau nach den treuesten vierbeinigen Freunden des Menschen, deren Haltung hier in Griechenland ja bekanntlich sehr schlecht sein soll. Doch weit und breit sind zunächst keine Hunde zu sehen.
Erst als wir spätabends Amoudara unsicher machen, sehen wir vereinzelt herumstreunende Hunde. Vom Malteser bis Neufundländer, mit oder ohne Halsband, gepflegt und verwahrlost, ist alles vertreten. Kreuz und quer laufen sie durch die Stadt, und hängen sich auch gerne an Urlauber an, denn in deren Begleitung scheinen sie sich sicher zu fühlen. Sie laufen über die Straße, wann und wo es ihnen paßt – doch das stört hier keinen. Siga, siga! Langsam, langsam ist hier das Lebensmotto.
Verstecktes Elend
Tags darauf will ich es genauer wissen. Ich durchstreife die Seitengässchen und da finde ich es. Das versteckte Elend. Angekettet inmitten ihrer eigenen Exkremente und ohne Wasser bellen sie sich heiser, doch das scheint hier keinen zu interessieren.
Am Rückweg treffen wir wieder das genaue Gegenteil: Er ist klein, blond und flitzt wie ein Verrückter über den Strand, schnappt sich einen herumliegenden Spielzeugkübel und fetzt weiter, schmeißt ihn in die Luft und läßt ihn dann irgendwann desinteressiert fallen. Spielaufforderungen von vorbeigehenden Urlaubern nimmt er begeistert an, begleitet sie ein Stück den Strand entlang, um dann bald darauf irgendwo zwischen den Liegestühlen wieder auf Beutezug (Handtücher, Schuhe etc.) zu gehen.
Widersprüche
Gegen 20 Uhr Ortszeit sehen wir, verglichen mit dem blonden Junior, den nächsten Widerspruch. Ein Grieche schlendert mit seinem jungen Cocker an der kurzen Leine über den Strand, denkt nicht einmal daran, ihn frei herumtoben zu lassen. Tags darauf das gleiche Bild mit einer jungen Dame und ihrem weißen Schäferhund.
So richtig tourimäßig klappern wir in den folgenden Tagen die größeren Städte ab (Heraklion, Chania, Rethymnon etc.) und treffen auch dort auf einige Hunde. Die einen frei herumlaufend, dem Argwohn der Restaurantbesitzer ausgesetzt, dennoch äußerst zutraulich, und die anderen in Hinterhöfen angekettet, ohne Wasser und ohne jeglichen Kontakt. Und ich denke an die Aussage im Reiseführer „Der Zauber Kretas liegt im Widerspruch.“ Der Zauber?