Die Hundewelt der Gerüche

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Ein ewiges Geheimnis …

Maximilian ­Pisacane sinniert in seiner ­Kolumne, wie es ­seinem Doggen-Mix Rico wohl in der Weihnachtszeit mit den vielen intensiven ­Gerüchen in der Luft geht. Mission­ ­Impossible: Eintauchen in die Duft-­Matrix des Hundes …

um Ende des Jahres wird es spannend. Schnüffelspannend, wie es wohl Rico ausdrücken würde. Das große Geruchskino beginnt: der Duft der Reibekuchen, der Geruch von gebrannten Mandeln, der Dunst der Bratwürste, das Bukett verschiedener Backwaren und zahl­reicher anderer mehr oder weniger ­verführerischer Parfüms. Sie dringen aus den Buden, aus den Lokalen und auch aus den Fenstern der Wohnungen.

Vieles davon verspricht einen ­leckeren Genuss – nicht nur für Menschen, so mancher Hund fängt auch an zu ­sabbern. Okay, zugegeben, die Nase ­meines ­kleinen Doggen-Wookiees ­vibriert genauso bei einem Haufen Schafsmist (in dem er sich, wie ja viele wissen, auch gern mal wälzt) – dem kann ich nun weniger abgewinnen (sowohl was das Riechen angeht als auch das ­Wälzen). Aber den Geruch hat er ja auch zu anderen ­Jahreszeiten, doch im Dezember bekommt er eine volle Ladung von Ge­rüchen – sei es der Duft von Weihnachten oder der Gestank zu Silvester.

Für einen Hund muss das ein wahrlich außerordentliches Geruchskino sein. Quasi so, als ob wir Menschen uns alle drei Teile vom „Hobbit“ und vom „Herr der Ringe“ in der Extended Version hintereinander anschauen und danach uns noch die gesamte Harry-Potter-Reihe reinziehen. Hab‘ das noch nie versucht, ehrlich gesagt war mir schon nach einer Herr-der-Ringe-Nacht irgendwie anders … wunderte mich damals nur beim Gassigehen, dass mir keine Orcs entgegen­kamen und Zwerge an der Ampel standen (das legte sich aber recht bald, als der erste Mensch mich ansprach und es sich nicht nach Elbisch anhörte). Es war nicht gerade ein Realitätsschock, aber ein wenig wunderte ich mich schon 😉

Jedenfalls fragte ich mich schon als Kind, wie wohl diese Geruchswelt des Hundes aussehen mochte. Hatten die Düfte etwa Farben? Oder war es ähnlich dem Sonar bei Fledermäusen, nur halt ohne Geräusche, dafür mit Gerüchen? Fragen, die man sich halt als Kind stellt, aber auch als Erwachsener immer noch keine befriedigende Antwort hat. Wie denn auch, wenn der Hund etwa 250 ­Millionen Riechzellen hat, ich fellloser Primat aber nur 5 Millionen. Versagen war also quasi vorprogrammiert, die Welt der Gerüche so wie ein Hund sie wahrnimmt, quasi seine eigene Duft-Matrix, in die würde ich mich nie einloggen können. Doch dann hatte ich als Kind zu Weihnachten eine Idee: Gerade in dieser Zeit, wo die Düfte so intensiv sind, schlenderte ich gerne über den Weihnachtsmarkt und versuchte mich auf die Gerüche zu konzentrieren. Wie grob sind doch da unsere Sinne, nach etwas Übung konnte ich gerade mal die Richtung des Duftes bestimmen (Mandeln von hinten links, Glühwein von vorne rechts, genauer ging es nicht), einzelne Nuancen (Grillduft, Backwerk etc.) grob auseinanderhalten – für meinen Hund war das wohl allenfalls eine höchst oberflächliche Analyse. Versucht es mal selber, es macht echt Spaß, aber passt auf: ich lief zuweilen mit offenen Augen gegen andere Menschen und Laternen. 🙂 Jedenfalls wurde mir dadurch etwas klar: Die Matrix der Gerüche würde mir wohl nie so weit offenstehen wie meinem Hund, was ich schade fand, weil ich ihn doch verstehen wollte. Doch wie sollte das gehen, wenn ich seine Welt nicht kenne, allenfalls nur ein Fensterchen aufgemacht habe? Zum Glück verstehen uns Hunde ja besser als wir sie, das gleicht es wohl wieder aus. 🙂

Die Mehrheit der Hundehalter achtet (hoffentlich) eh mehr auf den Geruch als der Durchschnittsmensch. Wohl ­wissend, dass er nie an die Möglichkeiten seines Hundes herankommt. Wie denn auch, während das Geruchszentrum Ricos ausgebreitet die Größe eines DIN A4-Blattes hat, ist meines gerade mal so groß wie eine Briefmarke. Während ich mich wohl nie anhand meines Geruchsinnes orientieren werde, findet mein Doggen-Wookiee Rico damit immer sein Ziel.

So manches Geruchskino muss wohl für Hunde eher wie eine Blendgranate ­wirken. Zugegeben, ist nur eine Ver­mutung, wie könnte ich fellloser Primat mir auch anmaßen, die Geruchswelt meines Hundes zu beurteilen. ­Dennoch reicht mir diese Vermutung, um meinem Hund immer wieder Pausen zu gönnen, damit er das Gerochene auch ver­arbeiten kann. Ihn entspannt schnüffeln lassen – und selbstverständlich auch immer wieder an seinen geliebten Schafshaufen am Rhein …

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GASSIREPORT – http://gassireport.blogspot.de Hier berichten Maximilian Pisacane und Doggen-Mix Rico mal aus ­Hunde-, mal aus Menschensicht von ihren kleinen und großen Abenteuern und vom gemeinsamen bunten Zusammen­­leben. Der Publizist und Medienprofi Maximilian schreibt für diverse Me­dien und berät u.a. Hundeunternehmen in ihrer Kommunikation und Strategie (www.maximilian-pisacane.com). Seit 2013 ist er Herausgeber des sehr erfolgreichen Hundeblogs GASSI­REPORT, mit eigener Facebook-­Seite, Google+, Twitter, Pinterest und ­Instagram, sowie Youtube-Kanal. Und der charmant coole Rico war schon in diversen Medien, spielte sogar bei einem Werbespot mit und hatte auch schon TV-und Messe-Auftritte – nicht schlecht für einen Hund aus dem Tierheim mit schwierigem Start ins Leben!

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