Wenn die Zeit gekommen ist – Abschied von Bruno

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Der WUFF-Redaktionshund Bruno ist Ihnen sicher ein Begriff, hat er doch WUFF in den vergangenen zehn Jahren immer an der Seite des Herausgebers auf Seite 3 begleitet – und Herrchen Gerald Pötz bei den vielen Urlauben, über die in WUFF auch immer berichtet wurde. Bruno ist seit Januar 2018 nicht mehr unter uns.

Und wieder ist eine Ära zu Ende gegangen. Das letzte Mal, als ich einen solchen Artikel geschrieben habe, war es WUFF-Redaktionshund Toni, von dem wir uns im April 2006 verabschieden mussten. Das sind die traurigsten Momente im Leben eines jeden Hundehalters, und dennoch lässt es sich nicht vermeiden, irgendwann diese eine furchtbare Entscheidung treffen zu müssen. Wer wünscht es sich nicht, dass sein Hund, wenn es denn soweit ist, eines Tages einfach nicht mehr aufwacht? Aber diesen „Gefallen“ tun uns Hunde in der Regel nicht. Dass wir Hundehalter über Leben und Tod unseres treuen Begleiters entscheiden müssen, wirft uns oft aus der Bahn. Es ist eine unwiderruf­­liche Entscheidung – und wenn wir sie getroffen haben, herrscht völlige Stille. Ein Vakuum tut sich in unserem Leben auf, ein Loch ist in unser Herz gerissen.

Wie alles begann
Bruno wurde am 12.5.2007 in den Nieder­landen geboren und im Alter von acht Wochen habe ich ihn zu mir geholt. Er war übrigens mein vierter American Stafford innerhalb von 25 Jahren, wobei es in den ersten 12 Jahren drei gleichzeitig gab: Toni, Arthur und Leila. Da die Haltung von drei Staffords doch ziemlich anstrengend war, habe ich mich damals dazu entschlossen, nur mehr einen Hund zu haben, und das war eben Bruno. Eine Einhundhaltung hat gewisse Vorteile. Es gibt viele Situationen, in denen man drei Hunde nicht mitnehmen kann, einen jedoch schon. So hatte Bruno als Einzelhund das Glück, mich immer und überall hin begleiten zu können. Im WUFF-Büro sowieso, aber auch in der Freizeit und im Urlaub. Flugreisen waren die Ausnahme, aber in dieser Zeit machte Bruno eigenen Urlaub bei seinem „Urlaubsfrauchen“ – einer sehr netten Familie, die ihn wie ihren eigenen Hund aufgenommen hat und an ihrem Alltag teilhaben ließ.

Bruno, eine Persönlichkeit
Dabei war Bruno alles andere als ein einfacher Hund. Ich habe sein Verhalten immer „hypersensibel“ genannt. Es offenbarte sich wie Hyperaktivität, aber eben nur, wenn ein Anlass gegeben war (Besuch etc.). Ansonsten war er sehr ausgeglichen und extrem brav. Anstrengend im Alltag, aber brav. Folgsam, perfekt abrufbar, er hat auch nie etwas zerstört. Bruno war auch nie der große Schmuser, was für AmStaffs absolut unüblich ist. Außer er wollte es gerade, dann schon … Ein distanzloser, rüpelhafter Macho. Ja, das war Bruno auch – aber auf sehr liebenswürdige Art. Vielleicht lesen Sie aus diesen Zeilen heraus, dass Bruno nicht von Anfang an mein Traumhund war. In die viel zu großen Fußstapfen seines Vorgängers Toni zu steigen war nicht sein Ding. Er war eine eigenständige – starke – Persönlichkeit, an der ich oft zu knabbern hatte. Aber schlussendlich habe ich ihn zu mir geholt und nicht umgekehrt. Es hieß also Erwartungshaltungen zurückzustellen und sich auf etwas ganz Neues einlassen.
Es stand nun eine Zeit mit viel Hundetraining und Beschäftigung vor mir. Wir machten in jungen Jahren Mondioring und später mal Zielobjektsuche. Bruno war bei allen Aktivitäten mit 1.000 Prozent dabei. Ein Terrier, wie er im Buche steht. Und schlussendlich sind wir nach einigen Jahren zu einem echten Team zusammengewachsen und Freunde geworden. Bruno hat mich vieles gelehrt, was ich bei meinen vorigen Hunden nicht kennengelernt habe. Beispielsweise einen Hund bedingungslos zu lieben, auch wenn diese Liebe nicht immer sichtbar erwidert wird. Stichwort Macho – ich komme schmusen, wenn ICH Lust habe. Ich habe mir dann immer gesagt „er kann es halt nicht so zeigen“. Dafür habe ich dann aber die seltenen Momente, in denen er sich richtig fallen gelassen hat (und seine Kontrolle über sich kurz abgeschaltet hat), sehr genossen. Man passt sich schließlich an alles an und wird genügsam. Man freut sich schon über kleine Nuancen und erwartet sich keinen Überschwang. Ein „Empfindungs-Feintuning“ sozusagen.

Im Oktober 2017 sind wir noch gemeinsam mit dem Campingbus nach Sardinien gefahren, unsere Lieblings-Destination. Da zeigte Bruno bereits erste kleine Anzeichen. Er wollte nicht mehr aus dem Auto herausspringen und hinkte ganz leicht. Anfangs dachten wir an eine Arthrose. Bei der Fährüberfahrt in der Kabine hatte ich dann aber ein eigenartiges Erlebnis. Bruno presste sich nachts mit seinem ganzen Gewicht ganz nah Körper an Körper an mich und suchte meine Nähe. Da ich ihn ja schon zehn Jahre kannte, wusste ich, dass dieses Verhalten absolut untypisch für ihn war, und hatte eine Vision, dass er sich vielleicht von mir verabschieden wollte bzw. er Schmerzen hatte. Aber er zeigte sonst keine Anzeichen. Wir verbrachten einen wunderschönen – letzten – Urlaub auf Sardinien. Wie sich einige Wochen später herausstellte, sollte sich meine traurige Vision bewahrheiten.

Wieder zu Hause suchten wir eine Physiotherapeutin auf, um Bruno untersuchen zu lassen. Es wurde aufgrund der Symptome auf einen Bandscheibenvorfall getippt und wir begannen mit einer Physiotherapie. Leider verschlechterte sich sein Zustand aber zunehmend und die Ausfälle seines Hinterteils wurden immer auffälliger. Eine MRT-Untersuchung um Weihnachten auf der VetMed. Universität Wien brachte schließlich die Schock-Diagnose eines inoperablen Rückenmarkstumors. Damit begann die traurigste Zeit in unserem gemeinsamen Leben. Zu wissen, dass man seinem Hund nicht helfen kann und alle Bemühungen allenfalls nur ein kurzes Hinauszögern bedeuten, tut weh, denn der bösartige Tumor wächst unaufhörlich. Täglicher Verfall, Lähmungen, Inkontinenz und schließlich ein Organversagen … am 13.1.2018 mussten wir Bruno für immer gehen lassen.

Die Krankheit
Er kam zunächst schleichend, doch dann in voller Wucht. Der bösartige Tumor in Brunos Rückenmark in Höhe des 10. Brustwirbels hatte sich im Herbst 2017 nur sehr zurückhaltend manifestiert. Ab und zu geschah es, dass Bruno, wenn er zum Gartentor raste, um einen Besucher zu begrüßen, nicht rechtzeitig abbremsen konnte und gegen das Tor knallte. Das war allerdings auch schon viel früher immer wieder einmal passiert und Brunos exzessivem Temperament geschuldet. Doch spätestens als er dann gelegentlich Hilfe benötigte, um auf seinen Couch-Liegeplatz zu kommen, wurde auffällig, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung war. Nun gut, mit über 10 Jahren ist Bruno nicht mehr jung – und auch seine Bandscheiben nicht. Doch Woche für Woche kam es zu einer weiteren Verschlechterung. Schmerzen schien er zwar keine zu haben, aber seine Koordination der Hinterbeine schien nicht mehr zu funktionieren, außerdem begann sich die Rückenmuskulatur im hinteren Bereich rückzubilden. Folgen eines Bandscheibenvorfalls?

Ein mittlerweile angeschaffter Expander für die beiden Hinterbeine erlaubte zwar wieder einen halbwegs normalen Gang, doch war jetzt eine Diagnose zu erzwingen. Die Methode der Wahl zur Beurteilung des Rückenmarks ist die MR-Untersuchung und so wurde zwischen Weihnachten und Neujahr ein Termin in der Universitätsklinik vereinbart. In den wenigen Tagen Wartezeit verschlechterte sich Brunos Situation weiter, er konnte nun seine Hinterbeine kaum mehr kontrollieren. Mit einem Handtuch, das wir unter seinen hinteren Teil schlangen, unterstützten wir ihn beim Gassigehen. Die vordere Hälfte war ja noch ganz normaler Bruno …

Der Schock der Diagnose
Nun kam der MR-Termin. Mit der zuständigen Chirurgin wurde besprochen, eine gegebenenfalls erforderliche Operation sofort im Anschluss an die MR-Untersuchung durchzuführen, um eine neuerliche Narkose zu sparen. Wir würden auch sofort nach Feststehen der Diagnose angerufen, hieß es. Voll Hoffnung, dass es sich um einen Bandscheibenvorfall handeln und die Operation dem Rückenmark wieder Platz schaffen könnte, warteten wir mehrere Stunden auf den Anruf. Als der kam, war es ein Schock.

Die MR-Untersuchung zeigte einen Tumor des Rückenmarks. An der Stelle des Tumors war nur mehr ein schmaler Saum normales Nervengewebe zu erkennen, alles andere war tumorös verändert. Der Tumor war inoperabel. Im Gespräch mit der Chirurgin wies sie uns auf die äußerst schlechte Prognose hin, meinte aber, vielleicht könne eine Strahlentherapie das Tumorwachstum verzögern, wenngleich natürlich nicht heilen.

Hoffnungen
Wenige Tage nach Neujahr saßen wir bei der Strahlentherapeutin der Klinik und besprachen die Chancen. Sie hielt zwischen 9- und 16-tägliche Strahlentherapie-Sitzungen (jeweils mit Narkose) für die einzige Option, weil man ja doch sonst nichts mehr tun könne. Diese Option bestand allerdings neben der damit verbundenen starken Belastung Brunos zudem aus lauter Fragezeichen und Unsicherheiten. Weder könne die Strahlentherapie zu einer Heilung führen, wenn irgendetwas, dann allenfalls zu einem kurzen Stillstand des Tumorwachstums. Doch dass sich die Lähmung zurückbilden würde, sei nicht zu erwarten, und zudem würde der Tumor ja danach wieder weiterwachsen. Wir entschieden uns dann letztlich für eine verkürzte Strahlentherapie von nur 4 Bestrahlungen auf der Uniklinik in Kombination mit einer anschließenden Hyperthermie bei einer Tierärztin. Nun wurde Bruno wieder in Narkose gelegt und erhielt eine Computertomographie zur Bestrahlungsplanung. Abends zu Hause kam dann immer ­Brunos ganze Erschöpfung heraus.

Mitterweile war er inkontinent geworden, überall lagen zu Hause nun spezielle medizinische Decken herum, und lange standen wir immer im Freien, um ihn zu animieren, seine Blase zu entleeren. Doch davon war keine Rede mehr, vielmehr war es so, dass nun Brunos Blase ausgedrückt werden musste. Für ihn war das offensichtlich eine psychische Tortur. Der Kot war zum Glück stets fest und der Kotabsatz funktionierte zwar nicht mehr willkürlich, aber immerhin, er funktionierte noch.

Am nächsten Tag brachten wir Bruno zur Strahlentherapie. Er wurde in Narkose gelegt und nach zwei Stunden wurde er wieder zurückgebracht. Die Bestrahlung selbst dauert wohl nur zwei Minuten oder so, doch scheint die Organisation der Narkose und das ganze Procedere deutlich zeitaufwändiger zu sein. Danach ab zur Hyperthermie, die in Kombination mit der Strahlentherapie deren Wirksamkeit erhöhen könnte. Abends endlich wieder zu Hause.

Bruno konnte sich erstaunlich gut mit allem abfinden, er war ja immer ein sehr optimistisch gesinnter Hund gewesen. Wir waren mit ihm bei einem befreundeten Tierarzt gewesen und hatten dort einen Rollwagen probiert, in den Brunos Hinterbeine eingespannt wurden. Bruno lief damit sofort los und fuhr gleich alle über den Haufen.

Doch kaum zu Hause, bekam Bruno plötzlich Durchfall. Das bekamen wir zwar innerhalb von nur einem Tag wieder in den Griff, doch die durchgeführte Blutuntersuchung ergab den Verdacht auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung. Das auch noch? Der nächste Strahlentherapietermin fiel wegen dieser neuen Diagnose nun flach.

Die schlechte Prognose des Tumors, die wohl unrealistische„Chance“ einer Strahlentherapie, die für Bruno zur Tortur zu werden schien, und vor allem, weil es nun Bruno war, den die Lebenslust zu verlassen schien, ließ uns nun konkret daran denken, Bruno gehen zu lassen. Es war er, der uns sagen musste, wann er nicht mehr wollte. Und das tat er dann in kurzer Zeit. Über Nacht war es mit seinem Optimismus vorbei, er wollte nicht mehr trinken, immer wenn wir ihm den Napf brachten, wendete er den Kopf ab. Bruno jetzt zu infundieren kam allerdings nicht in Frage. Sollte man ihn nun noch mit allen Mitteln am Leben erhalten, nur um zuzusehem, wie der Tumor im Rückenmark weiterwächst? Natürlich nicht. Bruno hat an diesem Tag gezeigt, dass er jetzt nicht mehr will, und wir haben das respektiert … Adieu Bruno!

Pdf zu diesem Artikel: abschied_bruno

 

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