WIENER GEMEINDERATSWAHLEN 2010: Hundepolitik am Prüfstand

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Anlässlich der Wiener Gemeinderatswahlen am 10.Oktober 2010 nehmen wir hier nochmals kurz die Positionen der ­Parteien betreffend die neuen hundepolitischen ­Entwicklungen wie Hunde­führschein und Rasseliste unter die Lupe.  Wer vertritt welche Positionen? Das Ergebnis vorweggenommen: Die SPÖ hat die Rasseliste eingeführt und ­vertritt sie als einzige Partei. Die gesamte Opposition ist dagegen.

Die SPÖ beschloss im Wiener Landtag mit absoluter Stimmenmehrheit den Wiener Hundeführschein ab 1.Juli 2010 für Halter bestimmter Rassen. Halter folgender Rassen müssen zwangs­verpflichtend den Wiener Hundeführschein ablegen: ­Rottweiler, Pitbull­terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier, American ­Staffordshire Terrier, Mastino Napoletano, Mastin Espanol, Fila Brasileiro, Argentinischer Mastiff, Mastiff, ­Bullmastiff, Tosa Inu und Dogo Argentino inklusive ­Mischlinge dieser Rassen.

Wie Experten und Wissenschaftler einhellig kritisieren, sei die Rasseliste willkürlich und orientiere sich nicht an Biss-Statistiken. Darum gehe es auch nicht, meint Umweltstadträtin Sima, sondern vielmehr um die „subjektive Befindlichkeit der Bevölkerung“. Und diese Rasseliste sei jederzeit erweiterbar, wenn gehäuft Beschwerden bei einer bestimmten Rasse auftreten werden, so Sima.

Wiener ÖVP 2009 für, jetzt gegen Rasseliste
Die ÖVP spricht sich gegen die Rasseliste und für einen Hundeführschein für alle Hunde aus. Labg. Günter Kenesei verweist darauf, dass die Hundebiss-Statistik in keinster Weise mit der Rasseliste korreliere. ÖVP-Landesgeschäftsführer Norbert Walter spricht von einem Husch-Pfusch Gesetz beim Hundeführschein, so wie ihn die SPÖ eingeführt habe. Es gebe keine Kampfhunde und deshalb sei schon die Fragestellung bei der Volksbefragung Unfug gewesen, so Walter. Allerdings sei festzuhalten, dass sich die ÖVP in einem Antrag vom 26.11.2009 für eine Verschärfung des Tierhaltegesetzes ausspricht, in dem Antrag ist von einem „verpflichtenden Hundeführschein für die ­Haltung gefährlicher Rassen“ die Rede und es wird ein Verbot von besonders gefährlichen Rassen gefordert.

ÖVP Klubobmann Matthias Tschirf bringt es auf den Punkt:  „Das Gesetz ist ein Murks“, und „Hier ist ein Schnellschuss passiert“. Seine Kritik richtet sich besonders an die Rasse­liste, die „willkürlich zusammengestellt“ worden sei. So finde sich etwa der Schäferhund nicht auf der Liste, obwohl es immer wieder Probleme mit dieser Rasse gebe. Die ÖVP erwarte sich eine länderübergreifende Regelung und die Herabsetzung des Mindestalters für Prüflinge beim Hunde­führschein von 16 auf 14 Jahre. Zudem müssten in dem Gesetz Absurditäten beseitigt werden. Derzeit könne im Krankheitsfall des Führscheinbesitzers nicht einmal ein Familienmitglied mit dem Tier Gassi gehen. Das Motto sei „Zurück an den Start“, so Tschirf.

FPÖ: Verfassungsklage gegen die Rasseliste
Die FPÖ spricht sich gegen eine Rasseliste aus und tritt für einen verpflichtenden Hundeführschein für alle Hunde ein. Mit der im Juli des Jahres eingebrachten Klage gegen den Hundeführschein für bestimmte Rassen beim Verfassungsgerichtshof hofft die FPÖ, die diskriminierende Rasseliste zu Fall zu bringen. Eine Stellungnahme der Landesregierung und der FPÖ liegt dem Gerichtshof vor, wie die Causa entschieden wird, ist noch offen. FPÖ Labg. Madejski erwartet noch 2010 einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes.

Auszüge aus der FPÖ-Verfassungsklage, die laut Madejski gute Chancen auf Aufhebung dieser Gesetzes-Verordnung hätte: „So ist in keinster Weise nachvollziehbar, warum gerade der eine oder andere Hund, der in der Verordnung angeführt wird, in diese aufgenommen worden ist. Desgleichen ist nicht erkennbar, warum andere Hunde wie z.B. Schäferhunde, Dackel, etc. nicht Gegenstand der Verordnung sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, warum die Frage der Bisskraft bei einem Schäferhund nicht entscheidend sein kann. Die Aufzählung der einzelnen Hunde muss als krass willkürlich angesehen werden. Die Verordnung verstößt daher grob gegen das Legalitätsprinzip und sie ist auch wegen Unsachlichkeit gleichheitswidrig. Primär ist die Verfassungswidrigkeit in der mangelhaften bzw. fehlenden Determinierung und der verfassungsrechtlich relevanten Unsachlichkeit des Verordnungsinhaltes zu sehen. Aus diesem Grund begehrt der Antragsteller daher auch die ­Aufhebung der gesamten Verordnung und des Gesetzes“.

Grüne: Wiener Hundeführschein ist absurdes ­Regelwerk
Auch die Grünen sprechen sich gegen das von der SPÖ mit absoluter Stimmenmehrheit eingeführte Hundeführscheingesetz aus, da laut Klubobfrau der Wiener Grünen, Maria Vassilakou das Gesetz nur für bestimmte Hunde­rassen zu kurz greife. Sie beruft sich auf diverse ­Experten, die nachweisen, dass beinahe alle Hunderassen ein Gefahren­potenzial bei Beißunfällen darstellen. Auffällige Hunde­halter sollten Schulungen erhalten, ebenso müsse man auf die „soziale Befähigung“ der Halter achten. Die SPÖ habe das Thema Hundeführschein von Anfang an falsch angepackt“, so Maria Vassilakou. 

„Die Grünen haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass ein Hundeführschein für einzelne Hunderassen ­keinen Sinn macht und undurchführbar ist. Die Zuordnung zu „Kampfhunden“ ist nicht immer eindeutig möglich, schon gar nicht, wenn es sich um Mischlinge handelt. Stattdessen hätte der Hundeführschein von Anfang an für alle Hunde gelten sollen, ausgenommen sehr kleine Tiere. Jetzt muss dieses ­absurde Regelwerk rasch repariert werden“, fordert ­Vassilakou. Gemeinderätin Claudia Smolnik, Tierschutzsprecherin der Grünen im Rathaus: „Auf meine Frage im ­Gemeinderat: wer kann mit einem sogenannten ,Kampfhund‘, wenn Hunde­­besitzerIn z.B. krank ist, runtergehen? bekam ich die Antwort: Jemand, der auch einen Hunde­führschein hat, darf dann mit dem Hund Gassi gehen, sonst nicht. Das ist doch wohl völlig an der Realität vorbei. Wie soll das je ­funktionieren?“

Fazit: SPÖ für diskriminierende Rasseliste, Opposition einhellig dagegen
Somit lässt sich zusammenfassend sagen, dass die SPÖ mit absoluter Stimmenmehrheit im Wiener Rathaus die ­diskriminierende Rasseliste eingeführt hat und den dazu verpflichtenden Hundeführschein für Listenhunde. Alle anderen Parteien, ÖVP, FPÖ und Grüne, sprechen sich in ihren Anträgen im Gemeinderat gegen diese Rasseliste  aus und treten für einen verpflichtenden Hundeführschein für alle Hunde ein.

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