Zurück in Kalifornien

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Nun sind wir auf der Ironhorse-Ranch im Südosten Arizonas. Es ist eine sogenannte „Working Guest Ranch“, wo wir ein kleines Häuschen gemietet haben. Die Ranch kann um die 30 Gäste beherbergen, durchschnittlich sind aber 15 bis 20 Leute da, die vorwiegend zum Reiten kommen. Eigentlich erwarten wir Probleme beim Zusammentreffen von Rodos und Bonita mit den hier ansässigen drei Ranch-Hunden.  Laut Aussage von Conny, dem Rancher, sind seine Hunde zu fremden Hunden eher aggressiv. Da müssen wir nun „durch“, wollen wir doch nicht immer aufpassen und ihnen aus dem Weg gehen müssen.

Erste Begegnung mit den Ranch-Hunden
Wenige Augenblicke später kommen die Ranch-Hunde schon angelaufen. Maggie, eine zweijährige Australian-Sheperd Mischlingshündin, Krischna, eine undefinierbare Mischlingshündin, die aus unerfindlichen Gründen einen kupierten Schwanz hat und Topper, ein 17jähriger Rüde, auch recht bunt gemischt. Und siehe da, das erste Zusammentreffen fällt absolut harmlos aus. Die Hunde beschnuppern sich, Rodos wedelt freundlich mit dem Schwanz und Bonnie schleicht etwas geduckt herum, da sie immer erst ein wenig Zeit braucht, um sich an neue Hunde zu gewöhnen. Mir fällt ein Stein vom Herzen, wieder eine Hürde geschafft! Nicht nur das, zwischen Rodos und Maggie scheint sich sowas wie „Liebe auf den ersten Beschnupperer“ entwickelt zu haben, sie spielen miteinander und tollen herum, so daß Bonita ein wenig eifersüchtig wirkt.

Ohne Halsband und Leine
Haben wir beim ersten Ausgang noch den Wuffis die Halsbänder angelegt, merken wir bald, daß das hier wirklich nicht nötig ist, da die Ranch mitten in einer Halbwüste liegt und nur über eine fünf Kilometer lange Schotterstrasse erreichbar ist. Der nächste kleine Ort mit dem malerischen Namen „Tombstone“ ist fast zwanzig Kilometer entfernt. Also kommen Leine und Halsband erstmals in den Abstellraum.
Schon nach einem Tag sehen Rodos und Bonnie unser Haus und das Ranchgelände als ihr neues Zuhause an und genießen die Freiheiten, die sie hier haben. Vor allem für Rodos und seine Jagdinstinkte ist es hier ein Paradies, da auch drei Katzen und freilaufende Hühner auf der Ranch leben. Leider muß ich ihm das Jagen strikt verbieten, da die Katzen (hier Kittys genannt) zutraulich und die Hühner möglichst am Leben bleiben sollen. Er nimmt es hin, allerdings nicht ohne protestierendem Jaulen, wenn er wieder einmal losstartet und von meiner Seite ein durchdringendes „Neiiiinnn“ ertönt. Kommt dieses „Nein“ rechtzeitig, dann verfehlt es nicht seine Wirkung und Rodos bremst sich rapide ein, kommt es allerdings eine Sekunde zu spät, ist er weg, bis Katz oder Huhn den nächstbesten Baum erklommen haben. Dann kehrt er reumütig, leicht geduckt gehend und vorsichtig mit dem Schwanz wedelnd wieder zu mir zurück und läßt meine Moralpredigt über sich ergehen. Es ist eben schwer, einem Hund mit Terrier-Blut das Jagen abzugewöhnen. Und die Hühner haben sich in der Zwischenzeit einen Platz in luftiger Höhe auf den Pferdeställen gesucht, um sicher zu sein …

Gelegentliches Streunen
So vergeht eine Woche auf der Ranch, die wir sehr genießen und uns erholen. Rodos und Bonita wirken entspannt und gelöst, offensichtlich gefällt ihnen das Farm-Leben. Sogar die ansonsten sehr anhängliche Bonita entwickelt sich zu einem kleinen Streuner und geht hin und wieder ihrer eigenen Wege. Vielleicht erinnert sie sich wieder an ihr früheres Leben als Strandhund auf der spanischen Insel Lanzarote.
Nun geht es wieder ans einpacken, diesmal allerdings mit wesentlich kleinerem Gepäck. Hundefutter in Dosen gibt es hier fast an jeder Tankstelle und natürlich in Supermärkten, sogar die selben Marken wie in Österreich. Sicherheitshalber nehmen wir einen Vorrat mit. Rodos liebt Dosenfutter nicht, er hält mehr von frischem Fleisch und Gemüse aus Frauchens Küche, jedoch habe ich auf Tour kaum die Möglichkeit, für die Hunde zu kochen.
Mitte September brechen wir auf. Es geht nochmals zurück nach San Francisco, wo wir einige Bekannte treffen, die mit uns eine Rundreise machen werden. Inzwischen haben wir auch ein anderes Auto, einen großen Van und daher genug Platz, zumindest für die ersten 1500 Kilometer. Unsere Campingausrüstung ist wieder dabei, da mit den Hunden campen am einfachsten und auch am schönsten ist.

Ein schäbiges Motel
Da wir die Strecke über Los Angeles schon kennen, wollen wir diesmal über Las Vegas fahren, um etwas Neues zu sehen. Am ersten Tag fahren wir über Tucson nach Phoenix und bis Kingman, das direkt an der historischen Route 66 liegt. Leider übersehen wir etwas die Zeit und plötzlich ist es zu spät, einen Campingplatz zu suchen, da es schon dämmert. Wir finden ein ziemlich schäbiges Motel an einer vierspurigen Hauptstraße und fragen erst gar nicht, ob Haustiere mit ins Zimmer genommen werden dürfen.
Nachdem wir schon äußerst versierte „Hunde-ins-Zimmer-Schmuggler“ sind, fahren wir auch diesmal ganz knapp zur Eingangstüre, mein Mann hält Ausschau nach links und rechts, zählt bis drei und ich spurte mit den Wuffis los. Das Zimmer sieht so grauslich aus, daß es durch die Anwesenheit unserer Hunde bestenfalls aufgewertet wird …
Da wir für Camping ausgerüstet sind und auch dementsprechend eingekauft haben, nehmen wir den Campingkocher und braten Steaks in dem kleinen, engen Zimmer neben der Hauptstraße. Die Steaks schmecken trotzdem köstlich. Auch Rodos und Bonita fühlen sich wohl, liegen am Teppich und schlummern, das Autofahren scheint doch recht anstrengend für sie zu sein. Wir warten noch, bis es ganz dunkel ist, dann gehen wir heimlich aus dem Zimmer, finden sogar auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Schotterweg, wo wir sie laufen lassen können und gehen wieder einmal früh zu Bett.

Gefährliche Hitze im Death Valley
Am nächsten Tag fahren wir über die Grenze von Arizona nach Nevada. Vorbei an Las Vegas kommen wir zum Death Valley Nationalpark. Mitten im Death Valley überschreiten wir die Grenze und sind  wieder einmal in Kalifornien. Hier ist es fast wie in einer afrikanischen Wüste. In den hohen Sanddünen hat es an die 45° Celsius. Bei dieser Hitze und dem glühendheißen Sand können wir die Hunde nur kurz aus dem Auto lassen, da die Gefahr besteht, daß sie einen Hitzeschlag bekommen und sich die Pfoten verbrennen. Obwohl die Wuffis es lieben, wenn wir anhalten und sie sich die Beine vertreten können, sind sie hier ganz schnell wieder im Auto und genießen die Kühle der Klimaanlage.
Heute beginnen wir rechtzeitig mit der Suche nach einem Campingplatz. Wir fahren noch ein Stück in Richtung der Sierra, einer Gebirgskette, die Kalifornien von Nord nach Süd durchzieht. Etwas abseits der Hauptstraße entdecken wir eine Oase mitten in der Kargheit der Landschaft. Es gibt Bäume, grüne Wiesen und einen entzückenden Campingplatz. Quer durch den Platz fließt munter ein Bächlein, wir können gar nicht so schnell schauen und Bonita steht bis zum Bauch darin und plätschert ebenso munter und fröhlich herum. Sogar Rodos, der Wasserscheue, genießt die Kühle des Wassers und tapst vorsichtig hinein, bis er sich schließlich überwindet und ganz hinein hüpft.

Spontane Herzlichkeit
Inzwischen bauen wir unser Zelt auf. Man merkt den Wuffis richtig an, wie zufrieden sie sind hier draußen in der Natur gemeinsam mit uns. Den Abend verbringen wir mit Essen und Wein am Lagerfeuer. Ein amerikanisches Ehepaar aus dem Orange County (südlich von Los Angeles) hat uns eingeladen. Die beiden sind sehr nett und die Zeit vergeht im Flug. Am nächsten Morgen fahren wir etwas später weiter, da wir auch noch zum Frühstück eingeladen werden. Diese spontane Herzlichkeit ist uns bei der amerikanischen Bevölkerung schon öfters aufgefallen, alles scheint wesentlich unkomplizierter zu sein, als wir es gewohnt sind. Auch für die Hunde fallen ein paar Würstchen ab und es macht unseren Gastgebern nicht einmal etwas aus, daß Rodos ihr sämtliches Inventar beschnüffelt und natürlich dabei nicht umhin kann, den einen oder anderen Gegenstand zu markieren. Mir ist es peinlich, wenn mein „Nein“ wieder einmal zu spät kommt, aber sie lachen nur darüber. Als wir uns verabschiedet und Adressen ausgetauscht haben, geht es weiter Richtung Pazifik und San Francisco.

Träumen im Yosemite Nationalpark
Wir kommen zum Yosemite Nationalpark, einem wunderschönen Naturareal, in dem man atemberaubende Landschaften findet. Bereits Ende des vorigen Jahrhunderts wurde diese Gegend rund um die Granitkolosse „Half Dome“ und „El Capitan“ zum Nationalpark erklärt. Ein besonders schöner Platz in der Nähe des Tioga-Passes lädt zum Träumen ein. Hier machen wir Rast und gehen mit den Hunden spazieren. Eine große Wiese, durchzogen mit kleinen Seen, dazwischen mannshohe Felsbrocken und Nadelbäume und eingerahmt von zerklüfteten Bergen. Ich schließe die Augen und stell’ mir vor, hier eine kleine Blockhütte zu haben, ein paar Weiden mit Pferden und viele, viele Hunde. Ein richtig kleines Stück Paradies. Als sich die Hunde ein wenig ausgetobt und ihren Durst in dem kristallklaren Wasser eines Sees gestillt haben, fahren wir weiter, wohl wissend, daß dies der letzte schöne Platz für die Hunde für die nächsten drei Tage ist.

In San Francisco
Spät am Abend kommen wir in San Francisco an. Wir wohnen im Marriot direkt an der Fisherman’s Wharf, dem noblen, günstig gelegenen Stadtteil am Hafen. Das Hotel haben wir bereits vorgebucht, es ist auch das erste auf unserer Reise, wo Hunde gegen Voranmeldung erlaubt sind. Eine Gebühr von 5 Dollar (ca. ÖS 65,-) pro Tag und Hund wird uns angekündigt, aber schließlich dann nicht verrechnet! Wir müssen eine Haftungserklärung unterschreiben, falls unsere Wuffis etwas ruinieren. Damit haben wir überhaupt kein Problem, da wir wissen, daß sie, außer Hausschlapfen, niemals etwas zerbeißen oder zerkratzen würden.
Es ist ein tolles Gefühl, endlich mit den Hunden ganz normal durch die Hotelhalle gehen zu können, ohne Angst haben zu müssen, entdeckt zu werden. Nachdem wir einen guten Eindruck hinterlassen wollen, nehmen wir die Hunde bei Fuß und ernten viele entzückte Ausrufe anderer Hotelgäste. Wir gehen später am Abend noch einmal raus, erkundigen uns beim Portier nach dem nächsten Park und erfahren, daß einer hundert Meter entfernt sei. Dieser Park entpuppt sich als 300 m2 kleine Grünfläche. Wir machen wieder einmal die Erfahrung, daß es mit unseren Hunden unter gewissen Umständen äußert schwierig ist, Gassi zu gehen. Auf jeden Fall wird aus der kurzen Runde, die wir geplant haben, ein einstündiger Spaziergang, bis sich beide dazu bequemen, auch im tosenden Lärm der Autos und auf einer winzig kleinen Grünfläche ihre Geschäfte zu verrichten. Rodos markiert wenigstens eifrig jedes Eck, aber Bonnie ist nur schwer dazu zu bringen, ein Lackerl zu machen, wenn in ihrer Umgebung unangenehme Geräusche sind.

Lärm und Menschenmassen
Am nächsten Morgen geht das Spiel von neuem los. Da mein Mann ausschlafen will, quäle ich mich alleine mit zwei Hunden an der Leine durch die Großstadt. Irgendwie kann ich dadurch das Ambiente dieser sicherlich schönen Stadt nicht so richtig genießen. Auch die Wuffis wirken hier nicht glücklich, der Lärm und die Menschenmassen machen ihnen Angst und obwohl sie eigentlich aufgeschlossen und neugierig sind, wirken sie hier gedrückt und auch ein wenig ängstlich.
Am Nachmittag fahren wir zum Flughafen, um die Leute abzuholen, mit denen wir die Rundreise durch den Südwesten machen wollen. Auf dem Weg dorthin entdecken wir einen großen Parkplatz, mit Grünstreifen am Rand und menschenleer. Wir sind begeistert, denn hier können wir die Hunde frei laufen lassen – und wirklich, hier gibt es keine Probleme mit der Verdauung. Ich merke, wie man bescheiden wird und die Ansprüche hinunterschraubt, wenn man nicht anders kann. Jedenfalls bin ich sehr zufrieden und die Hunde anscheinend auch.
Am Abend lassen wir die zwei im Hotelzimmer, da wir essen gehen möchten und Hunde in Amerika in kein Lokal mitgenommen werden dürfen. Wenn man Seafood liebt, ist San Francisco der beste Platz dafür. An jeder Straßenecke gibt es ein Lokal, wo man herrliche Shrimps, Krabben und Fischgerichte erhält.

„Mein“ grüner Hügel
Am nächsten Tag macht mein Mann mit seinen Gästen einen Ausflug zur Gefängnisinsel Alcatraz und ich bleibe mit den Hunden zurück. Endlich habe ich genügend Zeit, mir die Umgebung anzusehen. Ich folge meinen „Hundefreundlichen-Platz-such-Instinkten“ und finde endlich, gar nicht weit von unserem Hotel entfernt, einen grünen Hügel, den ich über eine steile Treppe erreiche. Oben gibt es Bäume, grüne Wiesen, keine Autos und wenig Menschen und auf einmal sind wir drei wieder glücklich und zufrieden. Wir spielen abfangen und Stöckchen-werfen, bis wir müde sind. Als ich auf die Uhr sehe, merke ich, daß wir bereits drei Stunden unterwegs sind, also machen wir uns auf, um zum Hotel zurückzukommen, denn am Nachmittag ist eine Stadtrundfahrt angesagt.
Die Fahrt über die Golden-Gate-Brücke verschlafen Rodos und Bonnie, sie wirken müde und zufrieden. Wir kommen zu dem Muir Woods National Monument, einem Park mit riesigen Bäumen, die über 80 Meter hoch und tausende Jahre alt werden können. Leider ist dieses ehemals ursprüngliche Stück Land „künstlich“ gemacht worden, mit asphaltierten Gehwegen und Zäunen und natürlich für Hunde verboten. Als ob ein Hund in einem Wald Schaden anrichten könnte! Ich sehe ein, wenn Leinenpflicht herrscht, aber ein Hundeverbot ist für mich unverständlich.

Raus aus der Stadt
Am nächsten Tag machen wir nochmals einen Spaziergang zu „meinem“ grünen Hügel, mittags finden wir ein Lokal, bei dem man im Freien sitzen kann. Wir fragen den Kellner, ob es erlaubt sei, daß wir uns mit den Hunden setzen und – welch ein Wunder – wir dürfen. Die Wuffis liegen, wie sie es gewohnt sind, unter dem Tisch und wir genießen umso mehr unsere Mahlzeit.
Endlich geht es weiter, raus aus der Stadt. Nach drei Tagen Beton haben wir alle genug und freuen uns schon, endlich wieder Land zu sehen. Im Auto ist es jetzt voll, neun Erwachsene mit Gepäck und zwei Hunde. Rodos sitzt am Boden zwischen dem Fahrer- und Beifahrersitz und ich sitze mit Bonnie in der letzten Reihe. Sie muß sich sehr klein machen und einrollen, um Platz zu haben, aber dennoch steigen die Hunde immer freiwillig und mit Begeisterung ins Auto ein. Wie es uns auf der Fahrt durch den Südwesten der USA und seinen traumhaften Nationalparks ergeht, lesen Sie im nächsten „WUFF“.

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